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Im Krieg der Worte





In den Tagen eines Krieges ist einfach gesagt alles falsch.
Zuvor noch in Jahren des Friedens vorsorglich angemahnt, und in Feinheiten der eleganten Redensarten manchen möglichen Disput zum Krieg diskutiert, wandeln sich in Kriegstagen die Worte zu rohen Grobheiten der Animalisten. Von einem Tag zum nächsten sind eben noch freundliche Nachbarn im friedlichen Miteinander der Bruderstaaten auf dem diplomatischen Parkett Untermenschen und zu tierischen Arten degradiert. Uniformierte Schweine mit wechselnden Farben waren sie schon auf der berühmten 'Animalfarm', dem literarischen Klassiker, dessen Esel am Joch der Militärs ging. Doch nun sind sie auf allen Seiten der Attribute nicht mehr zu unterscheiden im Verderben der ausgeweiteten Macht, der Länder und Völker im Ruf nach Freiheit und Ehre ihrer Reiche, und derzeit im neuzeitlichen Willen zur Demokratie zu finden.

Ein jeder Krieg verändert die Menschen in ihren Ansichten über den eigenen Tellerrand geschaut. Der von Tag zu Tag nur eine dünne Suppe spiegelt. Zur sichtlichen Gewalt und Zertstörung der vertrauten Lebensumgebung kommt die Not der Tugend, die alle Moral vergisst. Die Uniformen ausgezogen werden Generäle zu Patrioten und Saboteure in fremde Länder geschickt, mit ihren Bomben und Raketen Infrastrukturen und Lebensgrundlagen demontiert. Eben noch offene Begegnungen enden mit erhobenen Händen nun sogleich tödlich und liegen bald die Leichen der Zivilisten gemeinsam mit den Soldaten am Straßenrand. Die zuvor mühsam errungene Menschlichkeit, die Humanität und Freundschaft im Handel und Wandel der Kulturen gerät in lebenserhaltenen Egoismus und sind mit verborgenen Minen nun Feindschaften in den Gesichtern, ist Argwohn und Vorsicht in den Ängsten alle gegen jeden ausrufen. Es ist die Liebe erkaltet.
Von offiziellen Regierungsseiten und Propagandisten der Medien übertragen, sind bald sämtliche Register der Demontage des freundschaftlichen Nachbarn gezogen. Politiker zeigen sich ohne jegliche Scham und Respekt in laufenden Bildern, in allen Lügen der Macht zu denen sie fähig sind.
Nach vorheriger Verschärfung ihrer Redensart und dem grenznahen Aufmarsch ihrer Armeen überfällt der Aggressor im Grenzübertritt den Nachbarn, und beklagt er sogleich einen Überfall der Verteidiger auf sein eigenes Territorium. Erklärt er dem eigenen Volk im eigenen Verlangen seine unvermeidbaren Toten zu Helden und in gefälschten Bildern den Feind zum Schuldigen. Angefangen mit der Überschreitung über Staatsgrenzen haben die Nachbarn nun die berichteten Gräueltaten verübt, die Soldaten die Massaker begonnen. Die eigene Zivilbevölkerung ist darum verstört und aufgebracht. Die anderen sind auf der Flucht, wohin sollten sie auch mit zerstörten Häusern und werden sie hilflos vom Aggressor der Zerstörungen mit Lebensmitteln versorgt und 'befreit', wie es dann heisst.

Gegenseitige Beschuldigungen häufen sich in Bewaffnungen, die international verboten sind, eingesetzt zu haben, und ist man zu ersten Verhandlungen um den Frieden bereit, ohne ihn tatsächlich zu wollen. Der von der internationalen Gemeinschaft geforderte Waffenstillstand wird ausgerufen und mit weiteren Kampfhandlungen nicht eingehalten. Die Forderungen zur Beendigung des Krieges bleiben unbeachtet. Hilfsgüter und Unterstützung von nicht direkt betroffenen Staaten erreichen nicht die zerstörten Städte der Zivilisten. Deren Leben zu verteidigen sich ihr Staat im internationalen Recht versteht.
Werden Waffen von anderen Ländern zur Verteidigung geliefert, wird dies als Kriegsbeitritt reklamiert, Rekruten und Reservisten werden eingezogen und an die Kampffronten geschickt, ausländische Söldner entscheiden sich für eine Seite im Kampf und Kriegsgeschehen. Sanktionen werden von den Hilfsländern erhoben, um den Kriegsverlauf zu beeinflussen. Es wird auf allen Seiten gestorben und leidet die unbewaffnete Zivilbevölkerung am heftigsten.

Dennoch haben sie es nicht anders gewollt, nicht anders gekonnt.

Andreas H. Scheibner